Ich durfte gestern am Bürgerforum „VorOrtStadt“ zum Integrierten Stadtentwicklungskonzept teilnehmen. Neben einem kurzen Statement in einer Podiumsdiskussion, habe ich mich auch an Tischgesprächen beteiligt. Wie sieht unser Frankfurt 2030 aus?
Mal fehlen 30.000 Wohnungen, mal 90.0000 Wohnungen, kurzzeitig redete man gar von 100.000 Wohnungen. Was nun stimmt oder nicht, das entscheiden Planer und Gutachter. Was jedoch nicht stimmt, ist die gestern vielfach angesprochene fehlende Leistung von Wohnungsbau in der Region. Ja, Frankfurt als Großstadt hat den größten Teil des Zuzuges zu tragen, aber die Nachbargemeinden springen nicht nur auf den Wohnungsbauzug auf, nein sie stellen sich der Entwicklung voran und intensivieren gerade ihre Baubemühungen. Bad Vilbel, Karben, Friedberg, Nidderau, Hanau oder Kommunen aus dem Landkreis Offenbach machen es vor. Nachverdichtung, Arrondierung und behutsame Entwicklung sind hier die Stichworte.
In Frankfurt lebt man aber wohl eher nach dem Motto „think big“. Das ist nicht falsch, ich persönlich kann verstehen, dass man unsere schöne Heimatstadt weiterentwickeln möchte. Aber wie genau passiert das? Planen wir nicht vielleicht ein wenig zu viel? Eine gesunde Entwicklung aus sich selbst heraus halte ich für einen besseren Weg, denn schließlich heißt Wohnungsbau ja nicht nur Wohnungen zu errichten. Infrastruktur, Verkehrswege, Kindergärten, Schulen, Gastronomie, all das gehört zu einer Wohnungsbauentwicklung dazu. Die neuen Quartiere sollen ja schließlich keine Schlafstädte werden.
Ich persönlich finde, wir denken viel zu eindimensional. Zum einen ist ein Stadtentwicklungskonzept sicherlich gut und richtig, aber ohne die Region darf es ein solches Konzept nicht geben. Es wird auch kein Erfolg, wenn der Planungsdezernent dann irgendwann einmal mit einem fertigen Konzept in die Nachbarstädte geht und sagt: „Schaut her, das ist unser Konzept, hierfür brauchen wir nun euch!“ Jetzt müssen die Weichen für gemeinsame Entwicklungen gestellt werden. Ich glaube nach wie vor, dass viele Menschen, die aus den Landkreisen im östlichen oder nördlichen Hessen kommen, gern dort wohnen bleiben würden. Sie ziehen nach Frankfurt, aufgrund der hier ansässigen Arbeitsplätze. Auch das ist verständlich. Wenn wir jedoch über eine Entwicklung für die Jahre 2030 oder wie gestern bereits angeklungen 2050 nachdenken, müssen wir doch auch die Digitalisierung, die Veränderung der Arbeitswelt und vieles mehr in unsere Überlegungen einbeziehen. Schon heute gibt es viele Jobs, die per „Home-Office“ von zuhause aus erledigt werden können. Im Jahre 2030 oder gar 2050, da lege ich mich nicht einmal weit aus dem Fenster, wird diese Entwicklung eine ganz andere Fahrt aufgenommen haben. Dieses Einbeziehen solcher zukunftsträchtiger Themen habe ich gestern sehr vermisst.
Auch das Thema Verkehr, gerade Öffentlicher Personennahverkehr wurde gestern maximal angeschnitten. Der S6-Ausbau ist von der Deutschen Bahn mittlerweile terminiert. Die Regionaltangente West ist im Planfeststellungsverfahren und in den letzten Jahren sind neue Straßen- und U-Bahn-Linien entstanden. Ringbuslinien, die an den Stadtgrenzen kreisen, um dort Bahnhöfe oder größere Parkplätze anzufahren, wären ein Konzept, um die Pendlerströme von den Autos in den ÖPNV zu lenken. Der Ausbau der S-Bahnen in die Region wäre eine andere Möglichkeit. In den Gesprächen an verschiedenen Tischen mit vielen Bürgern kamen gerade diese Themen zur Sprache.
Frankfurt wird sich weiterentwickeln. Aber eine gesunde Entwicklung wurde noch nie am Reißbrett geplant. Eine nachhaltige Entwicklung geschieht immer aus sich selbst heraus. Damit wären wir wieder bei Arrondierungen, bei Nachverdichtungen, bei Gebäudekonversionen, beim Beibehalten des Charakters verschiedener Stadtteile und Quartiere. Wollen wir einen Umbruch, etwas neues, Frankfurt quasi neu erfinden, dann müssen wir planen, dann müssen wir auf die landwirtschaftlichen Flächen und in den Grüngürtel. Wollen wir Frankfurt erhalten, mit all seinem Charme, all seinen Eigenarten und so wie wir es alle mögen, dann setzen wir ab sofort auf eine dynamische Entwicklung, bei denen Planer moderat agieren.