Neujahrsrede 2020 im Ortsbeirat

Meine sehr geehrte Damen und Herren, liebe Gäste des Neujahrsempfangs des Ortsbeirats 13, liebe Nieder-Erlenbacher,

ich darf Sie alle herzlich willkommen heißen zum ersten Neujahrsempfang des Ortsbeirats im neuen Jahrzehnt. Wir sind angekommen in den 20er Jahren.

Das klingt irgendwie geschichtlich, irgendwie „nach Damals“ und doch scheint das neue Jahrzehnt eine Dekade zu werden, die vieles mit sich bringen wird.

Viele Veränderungen, viele Neuerungen, viele Geschichten und viele Ereignisse. Wenn wir es heute gemeinsam starten, sollten wir jedoch auch nicht vergessen, was hinter uns liegt.

Hinter uns liegt ein spannendes Jahr 2019. Ein Jahr, in dem wir als Ortsbeirat wieder einiges geschafft haben und so gilt mein erster Dank am heutigen Abend den Mitgliedern des Ortsbeirats.

Ich bin diesen und allen Ehrenbeamten in Nieder-Erlenbach sehr dankbar für die stets konstruktive, faire und gemeinschaftliche Zusammenarbeit zum Wohle unserer Bürgerinnen und Bürger.

Ich danke aber auch den weiteren Gremien für die vertrauensvolle Zusammenarbeit im vergangenen Jahr. Insbesondere dem Büro der Stadtverordnetenversammlung an dessen Spitze Frau Palmowsky und natürlich ganz besonders unserer, meiner Schriftführerin, Sylvia Gericke.

Liebe Frau Gericke, ich stehe in jedem Jahr vor der großen Herausforderung, Ihre Leistung gebührend zu würdigen. Würde ich das in Worten tun, würde das den Rahmen des heutigen Abends sprengen. Daher drücke ich meinen persönliche und den Dank des Ortsbeirats erneut mit einem Strauß Blumen aus.

Meine Damen und Herren,

lassen Sie mich auf das zurückblicken, was uns 2019 bewegt hat in Nieder-Erlenbach. Und wenn ich „bewegt“ sage, dann meine ich das durchaus wortwörtlich.

Da es einige Vertreter des Magistrats nicht so gut mit uns meinten und uns ein Stück der Bewegung nicht zugestehen wollten, haben wir selbst für diese Bewegung gesorgt.

300 (!) Nieder-Erlenbacherinnen und Nieder-Erlenbacher haben sich an einem Freitag im September auf den Weg gemacht und mit einer Fahrraddemo für den Radweg nach Nieder-Eschbach demonstriert.

Der Kleinste war auf einem Laufrad unterwegs. Ganze Fußballmannschaften kamen zusammen. Der Demonstrationszug reichte vom Laupushof bis zum Rewe. Ich durfte an der Spitze fahren und als ich mich umblickte, sah ich nichts anderes als Radfahrer.

Liebe Nieder-Erlenbacherinnen und Nieder-Erlenbacher,

das war ein großartiges Zeichen! Das war gelebte Demokratie. Das war Einsatz für unsere Ziele und zwar gemeinsam. Dieser Ruf verhallte auch im Römer nicht und wurde durch über 500 Unterschriften in einer Onlinepetition noch verstärkt. In der letzten Sitzung des Ortsbeirats 2019 wurden uns die Pläne für den Radweg vorgestellt. Noch in diesem Herbst soll der Bau beginnen.

Ich bin aber ganz ehrlich. Erst wenn das erste Rad über den Weg gefahren ist, erst wenn die ersten Kinder über diesen Weg zur Schule oder zur U-Bahn gekommen sind, erst dann, werden wir unsere Bemühungen einstellen. Solange das nicht der Fall ist, werden dem einen oder anderen Verkehrspolitiker im Frankfurter Römer die Ohren klingeln und zwar dank hunderter Fahrradklingeln, wie an diesem besagten Freitag im September.

Bewegt hat uns auch der Busfahrerstreik im November/Dezember 2019. Nieder-Erlenbach war einmal mehr abgeschnitten vom Öffentlichen Personennahverkehr. Manch lapidare Antwort habe ich auf meine Fragen erhalten, wie denn nun zum Beispiel Schülerinnen und Schüler zur Schule oder zur U- und S-Bahn kommen.

„Die können doch das Rad nehmen.“ Hierzu fehlt uns jedoch so mancher Radweg.

Ein wohl nicht ganz ortskundiger Römerpolitiker sagte mir, dass man doch einfach auf ein anderes Verkehrsmittel umsteigen könne. Das ist in der Innenstadt mit U-Bahnen, Straßenbahnen, mehreren Buslinien und kürzeren Wegen sicher möglich. Aber eben nicht in Nieder-Erlenbach.

Wir haben uns also kurzerhand selbst organisiert, einen Fahrdienst eingerichtet und die Schüler und Pendler, die sich nicht selbst organisieren konnten, tagelang nach Nieder-Eschbach oder Bad Vilbel gefahren. Das haben wir gern gemacht und ich bin unglaublich stolz auf die Nieder-Erlenbacher. Wir haben nicht lange gefragt, sondern gemacht. Das ist nicht selbstverständlich. Dafür gebührt jedem, der geholfen hat, großer Respekt und mein größter Dank!

Die Aussagen einiger Personen im Frankfurter Römer, die ich eben schilderte, zeigen aber auch, dass wir im Zweifel noch immer auf uns allein gestellt sind. Dass wir damit umgehen können, haben wir 2019 bewiesen. Die Demo und der Fahrdienst beweisen das. Ob es jedoch wirklich richtig ist, dass wir als Teil der wachsenden Metropole Frankfurt am Main so im Stich gelassen werden, das wage ich dann doch zu bezweifeln.

Meine Damen und Herren,

Nieder-Erlenbach wurde schon im 18. Jahrhundert als „freigeistig“ bezeichnet, als man sich nicht mit der Eingliederung in die freie Reichsstadt Frankfurt anfreunden wollte. Und ja, wir sind ganz sicher heute noch sehr stolz darauf, vieles einfach selbst zu schaffen und anpacken zu können. Aber sollte es in der Stadt des größten Internethubs der Welt nicht möglich sein, moderne Mobilitätsalternativen anzubieten?

Sollte es in der Stadt, die den größten Flughafen des europäischen Festlands beherbergt, nicht auch möglich sein, den kleinsten Stadtteilen eine bessere Anbindung an das ÖPNV-Netz zu bieten?

Sollte es in der Stadt, die kurzentschlossen 45 Kilometer Radwege in der Innenstadt ausweisen kann, nicht möglich sein, einen nicht einmal zwei Kilometer langen Radweg zu bauen, ohne dass man darauf fast 50 Jahre warten muss?

Ich denke, dass man diese Fragen alle mit „Ja“ beantworten kann. Wir jedenfalls tun es und deshalb liegen die Antworten dieser Fragen als Herausforderungen für das kommende Jahrzehnt vor uns.

Es wird nicht einfach. Aber das war es nie. Nieder-Erlenbach hat immer gekämpft und das am Ende auch immer mit Erfolg. So werden wir es auch mit diesen Herausforderungen tun. Wir erkennen sie, wir gehen sie an und wir werden sie meistern.

Das geht nur dank der tatkräftigen Unterstützung aller Bürgerinnen und Bürger. Hierfür bin ich dankbar und dies müssen wir uns auch für die neue Dekade erhalten.

In zehn Jahren, wenn wir uns wieder zu einem ersten Neujahrsempfang in einem neuen Jahrzehnt treffen, wird unser Ort anders aussehen. Das ist keine düstere Aussicht, sondern die Realität.

Der Westrand wird noch in diesem Jahr erschlossen und bebaut. Südlich am Riedsteg steht in den Startlöchern. Innerorts werden viele alte Häuser renoviert oder abgerissen und durch Mehrfamilienhäuser, Reihenhäuser oder Doppelhaushälften ersetzt.

Nieder-Erlenbach wächst also. In zehn Jahren werden wir rund 1000 Einwohner mehr haben.

Das ist für einen kleinen Stadtteil eine ganze Menge. Mit der Wohnbebauung jedoch muss auch die Infrastruktur wachsen. Betreuungseinrichtungen für Kinder sind in den Baugebieten vorgesehen. Wir haben hierzu ja auch einen Antrag eben beschlossen. Für das Gebiet Südlich am Riedsteg haben wir ebenfalls ein Projekt vorgesehen, in welchem ein selbstbestimmtes, aber betreutes Wohnen für Senioren möglich sein soll.

Und ja, ich werde nicht müde, es zu betonen, hier soll auch die Sporthalle entstehen, auf die wir seit 1972 warten.

Das sind wichtige Voraussetzungen, dass die Integration von 1000 neuen Einwohnern funktionieren kann. Wir setzen uns darüber hinaus aber auch für Mobilitätsalternativen ein. Nieder-Erlenbach eignet sich für Car-Sharing, für Elektromobilität, für sogenannte Ride-Sharing Modelle, bei welchen Busse ohne stationäre Haltestellen per App gerufen werden. Wir möchten, dass unser Nieder-Erlenbach in zehn Jahren ein moderner Stadtteil ist, der selbstverständlich digital funktionieren, aber auch weiterhin ganz analog bestehen kann.

Wir möchten ein Nieder-Erlenbach für junge Familien, für Alteingesessene, für Senioren und Neuzugezogene. Hierfür werben wir bei der Stadt Frankfurt und bei allen Beteiligten im Römer.

Ja, und wenn wir hier wenig Gehör finden, dann machen wir es eben selbst, weil auch im neuen Jahrzehnt wird Nieder-Erlenbach eines auszeichnen: Wir packen an, wo angepackt werden muss!