Ehrlichkeit in der Debatte – Sachlich im Umgang

Die letzte Sitzung des Ortsbeirats 13 vor der Sommerpause war eine insgesamt ruhige Veranstaltung. Im Gegensatz zu den beiden bisherigen Sitzungen dieser Legislaturperiode fanden relativ wenig Bürgerinnen und Bürger den Weg ins Bürgerhaus und doch bestimmte wieder einmal das Thema Flüchtlingsunterkunft den Beginn der Sitzung. Ein Lagebericht:

Nach wie vor bestimmt das Thema Flüchtlingsunterkunft die Diskussionen in Nieder-Erlenbach. Nachdem in der ersten Sitzung nach der Kommunalwahl ein Konzept vorgestellt wurde und die Einrichtung eines Runden Tisches beschlossen wurde, kam es in der zweiten Sitzung zu teils sehr emotionalen Diskussionen und dem Auftritt einiger Kritiker am bisherigen Umgang mit diesem Thema. Das Sozialdezernat sagte danach zu, eine neuerliche Prüfung anstrengen zu wollen, um das Konzept zu überarbeiten und möglicherweise die Zusammensetzung innerhalb der künftigen Unterkunft zu ändern. Nun waren in der gestrigen Sitzung zwei Vertreterinnen der direkten Anwohner der geplanten Unterkunft zugegen und fragten nach dem Sachstand.

Der Ortsbeirat verwies hier auf die Mitteilung aus dem Sozialdezernat, welche Stand der Dinge ist. Es gibt derzeit keine neuen Erkenntnisse, es gilt vielmehr die Prüfung im Sozialdezernat abzuwarten. Derweil sind anderslautende Presseberichte oder etwaige Gerüchte weder richtig, noch hilfreich. Es zählt die Aussage der Stadtverwaltung, an die wir uns halten und an welcher wir uns orientieren.

Die zwei Vertreterinnen der Anwohner kamen jedoch auch mit einer sehr konkreten Frage, einem Vorschlag in die Sitzung, der auch diskutiert wurde. Sie hatten die Idee eines anderen Grundstücks für die Flüchtlingsunterkunft. Es sei größer und damit wohl auch geeignet, um Familien unterzubringen, da das Sozialdezernat ja die zu kleine Bemessung des bislang vorgesehenen Grundstücks zunächst als Grund angab, hier keine Familien unterbringen zu können. Es sei zudem näher am Ortskern, was die Integration verbessern könne. Diese beiden Argumente wurden dann noch unterstützt von der Aussage, dass das Grundstück ja der Kinderheimat „Reinhardshof“ gehöre und damit die Pacht einem sozialen Zweck dienen würde.

Nachdem dies vorgetragen wurde, meldete sich der Stadtbezirksvorsteher zu Wort und teilte den beiden Anwohnervertreterinnen mit, dass man nicht einfach über ein privates Grundstück Dritter verfügen könne. Man müsse zunächst mit dem Eigentümer sprechen. Zugegeben war der Wortbeitrag inhaltlich richtig, jedoch hätte er möglicherweise etwas sachlicher formuliert werden können. Die Anwohnerinnen wollten dies dem Ortsbeirat überlassen, wohingegen der Ortsvorsteher argumentierte, dass jeder Bürger der Stadt Vorschläge unterbreiten könne. Schließlich nahm er das Anliegen auf und wird es weiterleiten.

Ich habe in der Sitzung Folgendes festgestellt, direkt an die Vertreterinnen gerichtet und möchte dies hier noch einmal wiederholen:
Das Grundstück, das nun ins Spiel gebracht wurde, ist rund 200 Meter entfernt vom jetzigen Grundstück. Die Nähe zum Ortskern damit kein grundlegendes Argument. Die artikulierten Ängste und Sorgen der vorigen Sitzung würden sich mit dieser Verschiebung nicht zerstreuen lassen. Wenn man Bedenken gegenüber etwaiger Straftaten hat, dann hat man diese auch, wenn die Unterkunft 200 Meter weiter entfernt wäre. Allgemein scheint hier ein klassischer St. Florian vorzuliegen. Dies wurde auch gar nicht dementiert, im Gegenteil, eine Aussage, die in einem Nebensatz fiel, lautete, dass man nichts gegen eine Flüchtlingsunterkunft habe, aber eben nicht an der bislang angedachten Stelle. Die Verschiebung auf das nun ins Spiel gebrachte Grundstück hieße also, dass man selbst kein unmittelbarer Nachbar der Unterkunft mehr sei und die Anwohner dort dann in Nachbarschaft leben würden. Ich sage noch einmal, ich habe Verständnis dafür, dass man Ängste und Sorgen artikuliert und diese vorträgt, ich habe auch Verständnis dafür, dass man sich Gedanken um die Kommunikation macht. Aber es kann nicht sein, dass es mir nur darum geht, meine Nachbarschaft aus der Unterbringung von Flüchtlingen rauszuhalten. So ehrlich müssen wir im Umgang miteinander sein, das habe ich in der Sitzung gesagt und ich stehe auch dazu. Ein weiterer Punkt ist, dass ein größeres Grundstück nicht automatisch bedeutet, dass Familien nach Nieder-Erlenbach kommen. Es könnte auch dazu führen, dass dadurch einfach eine größere Anzahl an Flüchtlingen nach Nieder-Erlenbach kommt. Auch das muss man der Ehrlichkeit halber feststellen.

Ich stelle darüber hinaus auch fest, dass es nicht darum gehen darf, Anwohner verschiedener Standorte gegeneinander auszuspielen. Das Prinzip „Not in my backyard“ darf hier keine Anwendung finden. Wir müssen gemeinsam versuchen, diese Unterkunft zu einem Integrationserfolg zu machen. Das können wir in Nieder-Erlenbach, dazu bedarf es Anstrengungen, ja. Dazu bedarf es auch das Aufeinanderzugehen von allen Gruppen und allen Seiten. Dazu bedarf es aber eben keiner Abschottung und keiner gegenseitigen Vorwürfe.

Das Sozialdezernat sagte kurz nach der Vorstellung der ersten Pläne, dass keine Zeit schwieriger sei, als die Zeit zwischen Verkündung, dass eine Unterkunft kommt und des tatsächlichen Bezugs der Unterkunft, denn hier würden Gerüchte und dergleichen mehr nahezu jeden Tag neu sprießen und hochkochen. Um dies zu verhindern, versuchen wir den stetigen Kontakt zu den Bürgern immer wieder neu zu suchen und über alle Kommunikationskanäle, Informationen zu verteilen. Am Freitag beginnt nun der Runde Tisch, bei welchem wir uns das Ziel gesetzt haben, die Integration der Flüchtlinge so gut wie nur möglich zu gestalten und interessierte Bürger und Helfer zu vernetzen. Der Runde Tisch wird kein Informationsportal für Neuigkeiten aus der Stadtverwaltung, aber er wird uns helfen, die formulierten Ziele mit Leben zu füllen.

Ich kann nur einmal mehr den Appell starten, es gemeinsam und nicht gegeneinander anzugehen. Wir sind eine starke Gemeinschaft in Nieder-Erlenbach und deshalb sollten wir alle ehrlich miteinander umgehen, damit wir uns auch weiterhin in die Augen schauen können. Geradeaus ist immer besser als hinter dem Rücken. Miteinanderreden und nicht Übereinander!